SCHLOSS BEUSDAEL (Sippenaeken)
Wer von Teuven im Tal der Gülpe kommend den bewaldeten Höhenzug westwärts in Richtung Sippenaeken überquert, entdeckt etwa auf halber Strecke eine der schönsten Wasserburgen unseres Landes: Beusdael.
Ursprünglich bestand die Anlage nur aus einem bruchsteinernen von Wassergräben umgebenen Wohnturm, dessen Mauern im unteren Bereich eine Dicke von 2,50 m aufweisen und der bis zur Dachunterkante eine Höhe von 28 m erreicht. Gespeist werden die Wassergräben vom Terziekerbach, einem kleinen Nebenbach der Göhl.
Der grosse Saal im Erdgeschoss dieses Turmes hat ein Tonnen-, der darüber liegende Rittersaal Kreuzgratgewölbe.
An den Bergfried oder Wohnturm wurden aus Ziegelsteinen auf Bruchsteinsockel ein mächtiger Palas und ein Westturm angebaut. Architektonische Stilelemente, z.B. die spätgotischen Fensterstürze, weisen diese Gebäudepartien in das 16. Jh. Es ist jedoch bekannt, dass - vor allem auf dem Lande - bestimmte Stilelemente der Gotik (Renaissance, Barock...) manchmal noch sehr lange nach der Blütezeit der jeweiligen Baustile in Gebrauch geblieben sind, so dass eine präzise Aussage zur Zeit der Erbauung häufig gewagt erscheinen kann.
Im Schlossinnem fällt zunächst im Esszimmer ein grosser Kamin aus rotem Marmor auf, durch seine Ausmasse und seine Schmuckelemente eindeutig der Renaissance zuzuweisen. Diesen Kamin schmücken die Wappen der Familien Eys-Beusdael und Ellerborn, was eine Datierung um 1550 erlaubt. Ein anderer Kamin, den Alexandre Schaepkens Ende des vorigen Jahrhunderts in seiner "Illustration de la Principaute de Liege" beschreibt und von dem er sagt, er trage die Jahreszahl 1564, ist heute nicht mehr vorhanden.
Das hohe Dach des Wohntraktes mit dem breiten auf Konsolen ruhenden Gesims gehört der sog. maasländischen Renaissance des 17. Jh. an.
Die Bedachung des Westturms gehört ebenfalls zu einem nicht seltenen Typus jener Zeit, ähnlich der von Schloss Hoensbroek, während die Dachform des Bergfrieds durch die vier Ecktürmchen mitbestimmt wurde.
Wichtige Elemente zur Datierung des Daches sind die Wetterfahnen, sechs an der Zahl, die den Bergfried und den Westturm bekrönen. Sie tragen das Wappen des Gerard Colyn und dessen Ehefrau Alexandrine von Efferen, die die Herrschaft Beusdael von 1606 bis 1643 besassen. Ein Wappenstein Colyn von Efferen trägt die Jahreszahl 1626.
Somit dürfte feststehen, dass die Dachpartien etwa 100 Jahre jünger sind als Palas und Westturm. Wie P.-J. Rensonnet wohl zu Recht vermutet, dürfte das ursprüngliche Dach durch einen Brand zerstört worden sein. Bei der Neueindeckung wäre der Westturm um eine Etage aufgestockt worden, was die ovale Form der Fensteröffnungen erklären könnte.
Die Besitzerfolge auf Beusdael ist vom frühen 14. Jh. bis in unsere Tage lückenlos belegt.
1323 ist Johann genannt Schevart von Oys Herr zu Beusdael. Ende des 14. Jh. und während der ersten Hälfte des 15. ist Beusdael im Besitz des Herman von Eys (+ 1462), dessen Vater Johann 1370 Eva von Beusdael geehelicht hatte.
Nach dem Tode des Gerard von Eys (1578) ging Beusdael an die Eheleute Joh. Colyn und Eva von Eys über. Die Familie Colyn blieb bis 1760 im Besitz von Beusdael. Letzter Herr von Beusdael vor der Franzosenzeit war Graf Pierre Charles François Antoine de Méan-Beaurieux, ein Neffe des Lütticher Fürstbischofs François Constantin de Hoensbroek.
Im 19. Jh. folgten sich (durch Heirat) die Familien von Copis und d'Oultremont. Graf Florent Ferdinand J.L. d'Oultremont liess 1882 bedeutende Umbauten an Schloss Beusdael vornehmen: erwähnt sei der Bau einer neuen Brücke über den Wassergraben und eines wenig stilgerechten überdimensionalen Portals. Die Wirtschaftsgebäude liess Graf d'Oultremont niederlegen und ausserhalb der Wassergräben neben dem eigentlichen Bauemhof Pferdeställe, Kutschenremisen und Wohnungen für das Dienstpersonal erbauen. Beusdael erhielt damals durch den Architekten Emile Janlet sein heutiges Aussehen.
Graf Florent d'Oultremont verstarb ledig und hinterliess Beusdael dem ältesten Sohn seines Bruders Eugene, dem Grafen Joseph-Antoine M.E.H. d'Oultremont.
Der neue Besitzer entschloss sich 1921 zum Verkauf von Beusdael, das damit zum ersten Male in seiner siebenhundertjährigen Geschichte verkauft wurde.
Der aufwendige Lebensstil des Käufers, Guillaume-Jean Abraham Huyser, führte 1934 zur Zwangsversteigerung seines Beusdaeler Besitzes, den ein Vervierser Industrieller, Victor Voos, erstand, dessen Erben Schloss und Ländereien von Beusdael (mit Ausnahme der Waldungen) 1950 an L. Vanderheyden verkauften. Das Schloss ging im folgenden Jahre an die Lütticher Vereinigung "Les colonies scolaires catholiques Liégeoises" über, die Beudael noch heute besitzt.
Für die "petite histoire" sei noch folgende Begebenheit erwähnt: der genannte Abraham Huyser hatte bei einer seiner zahlreichen Reisen seinejunge Frau (sie war 25 Jahre alt) in Athen verloren. Er liess die Tote nach Sippenaeken überführen und die einbalsamierte Leiche in einem Glassarg in Schloss Beusdael in einer Krypta unter dem Gang zur Kapelle beisetzen. Die Einbalsamierung scheint jedoch nicht fachgemäss vorgenommen worden zu sein, denn die "Mumie" zerfiel nach und nach. Kurzvor dem Zweiten Weltkrieg war der Glassarg mit den sterblichen Überresten der jungen Frau eine der Attraktionen von Beusdael.
Heute erinnert noch eine Grabplatte an die damalige Gruft. Sie trägt die Inschrift:
HIER RUST MYNE INNIG GELIEFDE VROUW
+ in unserer Rubrik FOTOS
MEVROUW ODETTE HUYSER GEB WEHRY,
GEB. NEUILLY s/SEINE 5-2-1897
OVERL. ATHENE 30 APRIL 1922.
GOD ZY HARE ZIEL GENADIG.
Seit 1976 steht Schloss Beusdael unter Denkmalschutz.
Aus "LES DELICES DU DUCHE DE LIMBOURG von Guy POSWICK" - (1951).